Das Standesamt
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Letzte Aktualisierung

04.06.2001 15:17

 

 

Der Tag begann ganz normal. Mutti weckte mich gegen 6.30 Uhr und wir belagerten für die nächste Stunde das Bad. Mutti bekam von unserer Friseurin die Haare gemacht, Leander war wie immer sehr schnell fertig und wurde von Mutti mit einem „Geheimauftrag“ weggeschickt, während wir Kaffee und Tee machten (was es mit diesem Auftrag auf sich hatte sollte ich nach dem Standesamt erfahren!!!).

Wir hatten am Abend zuvor in der Küche schon ein kleines Büfett aufgebaut, welches wir nun mit Lachsschnittchen und Deko vervollständigten. Es sollte nach dem Standesamt ein paar Schnittchen und Käsecremesuppe für die Gäste geben.

Gegen 9.00 Uhr brachte die Floristin meine Brautsträuße - die ihr mein Vater gleich abnahm, da Leander noch unterwegs war. Ich durfte sie ja noch nicht sehen.

Nachdem ich mir meine Haare getrocknet und in Form gebracht hatte - Leander war mittlerweile auch wieder eingetrudelt - schminkte ich mich und zog mich an.

Erst kurz bevor wir losfuhren überreichte mir Leander meinen Strauß. Für das Standesamt hatte ich mir einen kleinen, rund gebundenen mit samtroten Rosen, verschiedenen Gräsern und fast durchsichtigem Schleifenband ausgesucht. Ich hatte ihn im Internet als Brautstrauß einer anderen Braut gesehen und war total begeistert davon. Auch Leander´s Anstecker war mit einer roten Rose und etwas Blattwerk. (Ja, ich gehörte auch zu den Bräuten, die lieber nichts dem Zufall überlassen wollten und Leander hatte für die roten Rosen plädiert - also war es zumindest eine "Gemeinschaftsentscheidung"

 

Unser Wendeplatz füllte sich so langsam mit den Auto´s unserer Gäste und es gab wieder ein großes Hallo und Umarmungen.

Jeder brachte schon mal sein Antennenbändchen an und alles wartete voller Spannung.  

Mittlerweile war auch Lilly eingetroffen - eine russische Bekannte meiner Mutti, die das Haus "bewachen" und auf die Suppe aufpassen sollte.

Komischer Weise war ich immer noch nicht aufgeregt, sondern die Ruhe selbst und Leander auch nicht, wie er mir gestand!  

 

Ich betrachtete das ganze Gewusel um mich herum eigentlich eher belustigt und hatte sogar noch Zeit mich einige Minuten zu Lilly zu stellen und mich mit Ihr über die Eröffnung der Olympischen Spiele in Australien zu unterhalten, die gerade im Fernsehen übertragen wurden.

 

Kurz vor 11.00 Uhr traf auch unser Brautgefährt mit Chauffeur ein, ein schönes altes Chevrolett, Baujahr 1923, chromblitzend und mit einem wunderschönen Gesteck schräg über die Motorhaube.

 

 

 

 

Punkt 11.00 Uhr stülpte ich mir dann meinen Hut über und es konnte losgehen. Wir stiegen in unsere „Kutsche“ und fuhren zum Standesamt.

Wie wir meiner Mutti schon vorher „angedroht“ hatte nahmen wir Ryka – unseren Hund mit uns.

In dem Wagen fühlten wir uns richtig hochherrschaftlich, nicht zuletzt, weil wir so schön langsam dahin zuckelten und der Motor einen klasse Sound hatte. Am Besten aber war die Hupe. 

Am Standesamt bzw. durchdringend hupend anzukündigen. Wer je die Serie „die Waltons“ gesehen hat, weiß wie sich unsere Hupe anhörte - ein echtes Original!!! 

Wie es sich „gehört“ wurde uns von unserem Fahrer der Schlag geöffnet und herausgeholfen. 

Ryka sprang zuerst raus und war überglücklich, endlich diesem so merkwürdig ruckelndem und rörendem Ungetüm zu entkommen. Leander wurde von ihr - ob er wollte oder nicht - mehr oder weniger hinterher gezogen.

 

 

 

 

Es waren schon unerwartet viele von unseren Gästen vor dem Standesamt versammelt, die uns freudestrahlend begrüßten.

 

 

 

 

Bevor es aber weiter gehen konnte, mußte ich erst einmal eine kleine Reparatur an Leander´s Reverssträußchen durchführen, der sich ein wenig in seine Bestandteile auflöste.  

 

Danach entführten uns zwei Damen von der hiesigen Presse, machten ein paar Foto´s und notierten sich unsere Daten für eine kleine Hochzeitsanzeige.

 

 

 

Schließlich war es soweit, 11.25 Uhr und wir zogen mit unserer Hochzeitsgesellschaft ein, um den Bund für´s Leben zu schließen (jedenfalls den offiziellen Teil davon). Bevor es richtig los ging, wurden die Daten unserer Trauzeugen aufgenommen.  

Während wir noch auf die Standesbeamtin warteten, betätigte sich mein Onkel Albert weiterhin als „Hoffotograf“ und nahm erst einmal mit den Worten „Nun können wir eigentlich anfangen - also liebes Brautpaar...“ den Platz der Standesbeamtin ein und feixte munter weiter. 

Schließlich ging die Tür auf und Frau Huppert - unsere Standesbeamtin kam rein und der offizielle Teil begann. 

Sie begrüßte uns und unsere Gesellschaft, erledigte den bürokratischen Teil und hielt dann eine sehr schöne und persönliche Traurede, zu der sie die Tatsache inspirierte, daß wir beide den gleichen Beruf haben und uns schon so lange kennen (von wegen gemeinsames Haus bauen = die Zukunft und gemeinsames Leben aufbauen usw.).  

Wir erhoben uns von unsern Plätzen und sie begann uns die entscheidende Fragen zu stellen.  

 

 

Nachdem wir beide mit einem deutlichen „Ja“ geantwortet und unsere Ringe getauscht hatten, wurde unser neuer Bund noch mit einem Kuß besiegelt. 

Auch die anschließenden Unterschriften waren schnell erledigt - Leander hat nicht mal gezögert als er mit dem neuen Namen unterschreiben mußte. Nachdem sie uns noch das Gedicht „ich wünsche Ihnen Zeit“ vorgetragen hatte, entließ sie uns mit den besten Glückwünschen und unserem Stammbuch. Jetzt kamen von allen Seiten die Glückwünsche und Umarmungen. (Dabei mußte ich jedesmal meinen Hut wieder auf die richtige Stelle rücken, da meist die Herren einfach zu stürmisch waren :o))) )

Die ganze Gesellschaft zog schon mal nach draußen, während Leander und ich noch auf seinen neuen Reisepaß und einige Kopien warteten.

Um genau 11.54 Uhr trat das frischgetraute Ehepaar "Kleine-Benne" vor die Tür und wurde mit einem ausgiebigen Reisregen begrüßt. Ich hatte ja meinen schönen Hut auf - aber Leander mußte dem Geprassel barhäuptig trotzen.  

 

 

 

 

 

 

 

Meine Freundin und Trauzeugin Ute machte sich dann auch noch zusätzlich einen Spaß draus, ihm den Reis direkt in den Mund zu werfen.  

Ich hatte meiner Mutti vor Urzeiten - während der Planungsphase!!! - mal erzählt, das ich es ganz toll finde, das bei uns in Lübeck immer ein Mann mit einer kleinen Orgel und Geige steht und die frischgebackenen Eheleute musikalisch begrüßt. Dieses hatte sie - natürlich - gleich aufgenommen und ein Ehepaar nebst Drehorgel extra „einfliegen“ lassen.

Sie begrüßten uns mit den beiden Hochzeitsmärschen und spielten während der ganzen Zeit noch viele andere wunderschöne „Gassenhauer“.

Mein Vater hatte schon die Sektgläser verteilt - allerdings hatten wir nicht mit so vielen Gästen gerechnet und einige Gläser zu wenig, was zur Folge hatte, das für uns beide erst noch zwei „organisiert“ werden mußten, aber irgendwann waren wir alle versorgt und stießen miteinander auf unser Wohl an.

 

 

 

 

 

„Hoch soll ´n sie leben!!!"

 

 

Wenn ich geglaubt hatte, ich würde am heutigen Tag von besonderem Schabernack verschont werden - so hatte ich mich getäuscht. In jungen Jahren habe ich unseren Nachbarjungen immer um sein Kettcar beneidet und wünschte mir nichts sehnlicher als ein eigenes, aber meine Eltern meinten, das sei nichts für Mädchen (pah - so mußte eben mein Nachbarsjunge und Freund darunter leiden, indem ich sein Kettcar fuhr - was natürlich viiiel besser zu mir paßte und er „durfte“ dafür mein Dreirad oder Puppenwagen benutzen - ganz wie er wollte, da war ich großzügig!!!).  

Als wir heraustraten sah ich es dann schon vor dem Auto stehen, in voller Pracht mit Luftballons dran  - ein Kettcar - und mir schwante schon Übles. 

 

 

 

(Die Ballons hatte übrigens Leander am Morgen geholt - er wußte also Bescheid und hatte nichts verraten – dieser Schuft!!!)  

 

Mutti stellte mir dann auch bald meine "Aufgabe" - ich brauchte „nur“ drei Runden auf dem Kettcar zu fahren - na dann..., aber hat einer schon mal versucht in einem kurzen Etuikleid auf ein Kinderkettcar zu steigen und dann seine 1,80m zusammenzuklappen mit hochhackigen Schuhen noch an die Pedalen zu kommen und das Kettcar tretender Weise in Gang zu setzen???   

Ich raffte also meinen Rock (Gott sei Dank, hatte ich am Morgen doch noch auf meine halterlosen Strümpfe verzichtet und meinen guten Spitzenbody angelegt) und schaffte mit viel Mühe eine Runde - mehr trippelnd als tretend - dann hatte Leander ein Einsehen und half mir,        indem er mich von hinten anschob.  

 

Mann, war ich froh als ich mich wieder „entfalten“ konnte - aber wir haben herzlich gelacht - besonders die Anderen!!!

Nachdem ich diese Prüfung also einigermaßen erfolgreich hinter mich gebracht hatte, brauchte ich erst noch mal ein Glas Sekt und nach ein bißchen Small-Talk und zuprosten, stiegen wir wieder in die Wagen, um zurück zu meinen Eltern zu fahren, wo wir den kleinen Empfang abhalten wollten.

 

Mit „Walton-Hupe“ und im Konvoi ging es durch die Stadt nach Hause.  

 

In unserer Straße angekommen ging es plötzlich nicht mehr weiter - unsere Nachbarn hatten die Straße mit einem Seil abgesperrt, Gartenbänke und einen Tisch nebst großem Sonnenschirm aufgestellt (es fing gerade an, ein wenig zu nieseln - aber das war uns egal!).

 Nachdem wir auch von unseren Nachbarn mit Glückwünschen und Umarmungen überhäuft wurden und mit einem Gläschen Sekt angestoßen hatten, erklärte uns Herr Thiel - einer unserer Nachbarn -   wie wir uns die Weiterfahrt „verdienen“ könnten.  

Leander und ich sollten erst einmal Seil springen. Leander, als Mann sollte 20 Sprünge am Stück schaffen und ich 15. Naja, was soll ich sagen - Leander hatte erst ein paar - sagen wir mal Koordinationsschwierig-keiten - aber dann fand er seinen Rythmus.

Ich hatte - natürlich - keine Probleme, nicht mal mit meinen Stöckelschuhen :o)))

 

 

 

 

Nachdem wir dies nun geschafft hatten, wartete die nächste Aufgabe auf uns - eine kleine „Eheralley“!  

 

Es standen ein Dreirad und ein Roller bereit, beide geschmückt mit Blumen und hinten dran Blechdosen und beide im SSS-Format (Super-Sonder-Small). Ich schnappte mir gleich den Roller und so blieb Leander nur das Dreirad.

Nun mußten wir "nur" noch 50 Meter hin und wieder zurück unter allgemeinem Gelächter hinter uns bringen. 

 

Leander entwickelte richtig Ehrgeiz, mich zu überholen - ich ließ ihn auch immer ein wenig rankommen - er schaffte es aber nicht!!!  

 

Anschließend wurde die Straße freigegeben und wir konnten endlich unsere Suppe genießen.  

Mittlerweile kam die Sonne wieder zaghaft durch und wir konnten sogar auf der Terrasse sitzen. Wir konnten uns in aller Ruhe mit unseren Gästen unterhalten und so verging die Zeit wie im Fluge. Schlag 13.15 Uhr klingelte dann meine Friseurin. Unsere Gäste waren auch schon in Aufbruchstimmung, da sie sich zum Teil auch noch umziehen oder ein kleines Nickerchen machen wollten. Ich verabschiedete mich also erst einmal von allen und überließ es Leander, sie „rauszuschmeißen“.

Wir hatten schon alle „wichtigen“ Kleidungsstücke bereit gelegt (sprich: alles für „drunter“ – nur das Brautkleid hing noch auf dem Boden. Nun „durfte“ es also endlich nach unten! Papa holte es vom Boden („den ganzen Tüllkram etwa auch???“) und ich trank mit meiner Friseurin erst einmal ein Glas Sekt, schlüpfte aus meinen Standesamt-Klamotten und in die edle Unterwäsche - die Korsage ersparte ich mir erst noch - und überließ mich Ihren Fingerfertigkeiten, bequem auf dem Hocker sitzend und nur mit einem Bademantel bekleidet, was im Spiegel betrachtet, einen merkwürdigen Kontrast abgab.

Wir hatten uns einige Wochen zuvor schon mal zu einem Probefrisieren getroffen und uns dabei auf meine Frisur geeinigt – eine „Banane“, die durch Haarnadeln mit Perlen dran „aufgepeppt“ wurde, so das es aussah, als ob man eine Perlenkette verarbeitet hatte   – sehr schlicht und sehr edel. Die Tiara wurde gleich mit eingearbeitet und der Schleier oberhalb der Banane befestigt.

Langsam wurde meine Mutti nervös, es war fast 14.00 Uhr und das „Kind“ stand immer noch unbekleidet, nur im Bademantel da. Ich also erst einmal in meine Strümpfe gesprungen – diesmal hielten sie auch an Ort und Stelle – und dann die Korsage angelegt (meine Friseurin meinte ganz trocken:" Na, da wird er ja heute Abend richtig was zu tun haben!", denn es waren doch einige Häkchen zu schließen :o)))

Nun ging ich erst einmal in aller Ruhe dran, mich zu schminken. Ich hatte im Vorfeld einige Parfümerien und Kosmetikerinnen ausprobiert, war aber von dem Ergebnis alles andere als begeistert gewesen. Letztendlich landete ich im "Body Shop", wo ich mir einige hilfreiche Tips geben ließ und vertraute doch lieber auf meine eigenen Talente.

Leander hatte sich mittlerweile schon in einem anderen Zimmer in Schale geschmissen und ich hörte ihn gerade um Hilfe schreien, da an seinem Hemd vermeintlich die Manschettenknöpfe fehlten. Jetzt kam mein "großer" Moment, denn ich hatte sie ihm am Morgen abgeschnitten, da ich ihm als Hochzeitsgeschenk ein Paar mit Monogram hatte anfertigen lassen (das ist eine kleine Tradition bei uns, denn auch mein Vater bekam ein solches Paar zum Hochzeitstag von meiner Mutter geschenkt! Außerdem trug Leander ja ab heute "neue" Initialen und ich wollte ihm auf diese Weise noch einmal "Danke" sagen, dafür, daß er ohne große Diskussionen meinen Name annahm - bzw. ja schon angenommen hatte.)

Es muß ein komisches Bild gewesen sein, denn Leander war ja schon "Hochzeitsfein", während ich noch immer im Bademantel herumwirbelte - dafür aber am Kopf schon sehr "Brautmäßig" aussah. 

Aber auch Leander überraschte mich noch, denn auch er hatte etwas für mich gekauft: ein paar wunderschöne Ohrringe, die ich erst ein paar Tage zuvor in Lübeck gesehen hatte. Ich legte sie sogleich an und war jetzt doch zumindest bis zum Hals schon fertig!!!

Nun wurde es aber wirklich Zeit, denn Leander und meine Mutti sollten ja schon zur Kirche vorfahren. Wir trennten uns also schweren Herzens wieder und ich legte endlich mein Kleid an, damit Mutti auch beruhigt fahren konnte :o)

Tja, nachdem nun also alle Häkchen geschlossen, die Bänder verschnürt und der Stoff noch einmal glattgestrichen war, stand ich also in voller Pracht da - fast fertig! Die Friseurin steckte nur noch den Schleier auf mein Haupt und es war vollbracht!

Da stand ich nun und fühlte mich sauwohl! Aufgeregt? Nein, eigentlich nicht! Ich genoß einfach nur das Gefühl wunderschön auszusehen - genauso, wie ich es mir vorgestellt hatte. Nun bliebe nur noch abzuwarten, was Leander dazu sagen würde.

Ich hatte sinnigerweise meine Handtasche noch nicht fertiggepackt und so gestalteten sich die folgenden Minuten sehr witzig, denn ich düste von Zimmer zu Zimmer und meine Friseurin mit der Schleppe in der Hand immer hinterher (im Nachhinein frage ich mich wirklich, warum ich sie nicht einfach über den Arm genommen habe, aber das war dann wohl doch schon ein kleiner Anfall von Aufregung :o)))

Nun mußte ich nur noch auf meine "Staatskarosse warten und es konnte losgehen!!!